Am Morgen des 16.07. bin ich um 8 Uhr aufgestanden, da bereits am Vortag super Wetter angesagt wurde. Ich dachte gleich, dass es mit meinem 50-Kilometer-Flug klappen könnte. Auch GAFOR und der aktuelle Segelflugwetterbericht waren vielversprechend. Nach einem langen Telefonat mit meinem Fluglehrer Karsten Hofmann bereitete ich mich vor und fuhr auf den Flugplatz. Dort programmierte ich den Logger, der den Flugweg aufzeichnet.
Nachdem alle Formalitäten, wie z. B. ein schriftlicher Flugauftrag, geklärt waren, machte ich es mir im einsitzigen Astir CS 77 gemütlich und startete den 1. Versuch. Ich flog an den Hang und dort ging es mit vier Metern in der Sekunde aufwärts. „Wahnsinn! Das ist ja wie im Fahrstuhl“, dachte ich, doch so schnell ich auf 650 Metern Höhe war, so schnell war ich auch wieder unten. Auch der 2. Versuch führte zu keinem langen Flug. Als wir dann das Segelflugzeug wieder an den Start zogen, machte ich einen Vogel aus, der sich in der Thermik in Richtung Stadt nach oben arbeitete. Dort wollte ich es nun auch probieren. Ich kam mit ca. 250 Metern Höhe an und normalerweise soll man dann nicht mehr allzu steil kreisen. Es herrschte jedoch starker Südwind und dadurch war die Thermik zerrissen und man muss steil kreisen, um sie nutzen zu können. Diese Erfahrung hatte ich erst am Sonntag zuvor mit meinem Fluglehrer Thomas Lückert gemacht. Also probierte ich einen Kreis und hatte Glück: Es ging kreisrund mit 2 Metern Steigen in der Sekunde aufwärts. Je höher ich kam, desto besser wurde es und desto steiler kreiste ich, um in das Zentrum zu kommen und die Thermik noch besser nutzen zu können. Das Vario zeigte sogar kurzfristig bis 5 Meter Steigen an. Wenig später war ich auf 1400 Metern Höhe und flog Richtung Grebendorf weiter. Ich hatte vor nach Aue bei Hattorf zu fliegen, da mich der Südwind fast von allein dorthin versetzen würde.
Über Grebendorf konnte ich noch einmal 200m gut machen und etwas weiter nördlich kam ich sogar auf über 1800 Meter. Mein Fluglehrer wollte es gar nicht glauben und fragte über Funk nach, ob er richtig verstanden hätte. Es freute mich sagen zu können, dass er richtig gehört hat. „Dann kannst du bis nach Aue abgleiten. Ich wünsch dir einen Schönen Flug. Das nächste, was ich von dir hören will, ist die Landemeldung in Aue“, so Karstens Worte.
Von nun flog ich nach Norden und glitt die Höhe ab. Zwischendurch ein zwei Kreise, in denen ich immer wieder ein paar Meter an Höhe gewann. Ich kam mit 1600m in Heiligenstadt an und genoss den Ausblick auf die Landschaft. Von Zeit zu Zeit meldete ich meine Höhe und Position an Stauffenbühl Start. Ehe ich mich versah, war ich nur noch 6km von Aue enfernt. Zumindest sagte das mein Navi.
„Stauffenbühl Start von der Acht Null. - Stauffenbühl Start hört. - Ich wechsle die Frequenz auf Aue, befinde mich 5km südlich des Platzes.“ Dass ich dort weiter fliegen sollte und mit der Landung noch warten sollte, weil unser Motorsegler unterwegs war und der mich ja heimschleppen sollte, verstand ich leider nicht mehr.
„Aue Hattorf Start von der Delta Vier Eins Acht Null. – Hier Aue Start. – Die Acht Null befindet sich 4 km südlich Ihrer Position auf dem 50-km-Überlandflug vom Stauffenbühl, zur Landung. - 80 wir haben im Moment die Landerichtung 10.“ Ich kam mit 1100 m Höhe über dem Platz an und war heilfroh, dass alles so gut geklappt hatte und begann nun mich langsam abzuseilen, sprich die gewonnene Höhe abzufliegen.
Das ging gar nicht so schnell, so dass ich während der unzähligen Kreise die ich nördlich des Platzes flog, ausreichend Zeit hatte, den Platz zu studieren und mich auf den Landeanflug vorzubereiten.
„Du musst über eine Baumreihe fliegen, weil der Platz komplett von Bäumen eingekesselt ist. Überflieg die Bäume bitte mit ausreichend Höhe. Der Platz ist schließlich 1200 m lang. Du brauchst also keine Angst haben, dass du nicht runterkommst“, so waren die Worte meines Fluglehrers.
Ich entschied mich das Ganze anders zu lösen und versetzte den Landeanflug bzw. die Kurven so, dass ich kurz vor den Bäumen die Landerichtung einnahm und somit gar nicht über die Bäume fliegen musste. Nach relativ kurzer Strecke hinter dem Lande-T setzte ich den Flieger gefühlt sanft hin und rollte langsam aus. Ich hatte es geschafft - 54 km!
Der Lepo mit zwei Mitgliedern des ansäßigen Vereins empfing und begrüßte mich. Der kleine Astir wurde an den Start gezogen und ich ließ mir meinen Flugauftrag unterschreiben. Ich meldete die sichere Landung in Eschwege per Telefon und erfuhr, dass ich noch gar nicht landen sollte. Nun ja, dann halt warten und die Leute dort etwas kennen lernen. Nach netten Gesprächen und Fachgesimpel mit den Mitgliedern traf unsere Dimona mit Karsten an Board ein, um mich zurückzuschleppen.
Wir bedankten uns für die Gastfreundschaft und starteten gen Heimat. Bei dem Wind dauerte es natürlich, bis wir zurück in Eschwege waren. Karsten lies mich dann über Kella ausklinken und ich glitt die Höhe ab und landete wieder auf dem Stauffenbühl. Geschafft!
Nach dem Einräumen und Säubern der Flieger, setzten wir uns alle gemütlich zusammen und mein mit-Flugschüler Kevin und ich tüffelten am Auslesen des Loggers herum. Auch das klappte dann noch. Als ich die Landezeit in Aue in die Startliste eintrug, staunte ich nicht schlecht. Der ganze Flug dauerte nur 62 Minuten. Mir kam es länger vor. Aber der Flug war wunderschön und wird bestimmt einer der schönsten in meiner noch jungen fliegerischen Laufbahn bleiben.
An dieser Stelle möchte ich mich noch bei meinen Fluglehrern (alphabetisch geordnet) Karsten Hofmann, Thomas Lückert, Stefan Mühlhausen und Thomas Sippel bedanken für die fliegerische Ausbildung und dafür, dass sie mich so weit gebracht haben. Aber auch allen anderen, die am Flugbetrieb beteiligt sind, mein Dank, denn allein kommt man beim Segelfliegen nun mal nicht in die Luft.
(Michael Krämer)